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TV-BEITRÄGE UND DOKUMENTATIONEN KONZIPIERENDAS KONZEPT IST DIE HALBE MIETE
auf Anfrage:
Erstellen professioneller Videodokumentationen, von der Konzeption bis zum fertigen Film.
3-5 Tage auf Anfrage – für (Quer-)Einsteiger, Printjournalisten und Fotografen, die ihr Kompetenzfeld erweitern wollen.
Kamera-Intensiv-Workshop.
3-5 Tage auf Anfrage. Kameratechnik, Lichttechnik, Bildgestaltung, Szenenauflösung, 4K-Workflow, Arbeit mit Kameradrohne und Gimbal – für Einsteiger, Print-Journalisten und Fotografen, die ihr Kompetenzfeld erweitern wollen.
Schnitt und Postproduktion – vom Rohmaterial bis zur Endfassung.
3-5 Tage auf Anfrage. Projekt-Organisation, Montagetechniken, Rhythmus, Erzähldramaturgie, szenisches Schneiden, dokumentarisches Schneiden, Archivierung, 4K-Workflow – für (Quer-)Einsteiger, Printjournalisten und Fotografen, die ihr Kompetenzfeld erweitern wollen.
Wenn Sie Interesse an unseren Workshop-Angeboten haben, schreiben Sie uns bitte unter workshops@september-film.de.
Das Konzept ist die halbe Miete.
Für gute Filme und Videos braucht man in den wenigsten Fällen das neueste Spitzenkameramodell und so gut wie nie die teuerste Schnittsoftware, dafür aber immer ein gutes Konzept, ähnlich wie das Drehbuch beim Spielfilm.
In meinen Seminare und Workshops gehört zu den ersten Amtshandlungen, der Liga der Technik-Gläubigen nachzuweisen, dass auch mit Consumer-Camcordern aus dem Elektronikmarkt um die Ecke und Amateur-Schnittsoftware vom vorletzten Jahr über achtzig Prozent aller Fernsehbeiträge bestritten werden können, und zwar genau in der Qualität, wie wir sie vom Bildschirm kennen. Warum aber sind dann achtzig Prozent aller Videos trotz modernster Ausrüstung so ermüdend, wenn sie nicht von Fernseh- oder Filmprofis gemacht werden? Die Antwort ist einfach: es fehlt am Konzept.
TV-Magazin-Format. Dabei ist alles so einfach. Auch ohne Studium und langwierige Fortbildungen. Das Tor der Erkenntnis führt in eines der weitest verbreiteten Sendeformate, das TV-Magazin. Der Magazinbeitrag vereint in seinen Spielarten gleichermaßen dokumentarische wie fiktionale, also inszenierte Aspekte. Er bleibt dank seiner überschaubaren Länge in einem leicht nachzuvollziehenden Rahmen. Zudem kann man in jedem Augenblick, zu jeder Stunde überprüfen, wie es die Profis machen. Man muss nur den Fernseher anschalten. Und wer verstanden hat, wie ein Magazinbeitrag funktioniert, kann dessen Prinzip erfolgreich auf eine Vielzahl dokumentarischer Filmgenres anwenden, in denen Information und Unterhaltung zu einem berührenden Ganzen verwoben werden sollen, – vom kurzen Imagefilm bis zur langen Reportage, vom Lehrfilm bis zum Hochzeitsvideo.
Am Beispiel des nachfolgenden Treatments, das im Rahmen einer meiner Videojournalismus-Seminare entstanden ist und von den Teilnehmern anschließend verfilmt wurde, lässt sich sehr gut aufzeigen, wie ein funktionierendes Konzept ohne Materialschlachten und ohne übermäßigen Zeitaufwand mit hoher Wahrscheinlichkeit zu „amtlichen“ Ergebnissen führt, ohne dass die Macher begnadeten Filmkünstler sein müssten.
„Treatments“ sind die Drehbücher für den Dokumentarfilm. Sie enthalten alle notwendigen Informationen zur Realisierung des Films. Wie detailliert sie ausgeführt werden, hängt von der Erfahrung des Autoren, den Anforderungen des Projekts und dem Auftraggeber ab. Erfahrene Autoren mögen für sich allein durchaus mit ein paar Namen, Notizen und Stichworten auskommen. Um ihre Vorhaben allerdings mit dem Auftraggeber, dem Kamerateam und dem Cutter zu kommunizieren, erweist sich ein detailliertes Treatment als überaus nützlich bis unumgänglich. Je mehr Köche am Werk sind, beispielsweise für einen Imagefilm, je mehr Agentur- und Auftraggeber-Instanzen im Rennen sind, desto notwendiger wird ein präzise ausgeführtes Abnahme-Treatment schon allein deshalb, um kostspielige Missverständnisse zu vermeiden und den Produzenten vor unberechtigten Forderungen zu schützen, wenn später noch Änderungen vorgenommen werden sollen. Und keine Frage: auch zu Übungszwecken empfiehlt sich die ausführliche Variante, denn sie zeigt dem Unerfahrenen bereits während des Schreibens die potenziellen Schwachstellen und Stolperfallen auf.Je konkreter und schlichter beschrieben wird, was im Film zu sehen und zu hören sein soll, desto besser. Vorsicht! Für den Ungeübten ist das gar keine so einfache Angelegenheit. Abstrakte und vage Formulierungen haben hier nichts verloren. Die Bildbeschreibung: „Sachbearbeiter Willy Bogner steht panisch am Treppenaufgang“ gäbe beispielsweise keine aussagekräftige Information darüber, wie die Panik dargestellt werden soll. Besser, man denkt darüber schon beim Verfassen des Treatments nach und nicht erst am Drehort, in Gegenwart eines ungeduldigen Kamerateams und des verunsicherten Protagonisten, dem es partout nicht gelingen will, „panisch dazustehen“. Die ernüchternde Erkenntnis: Panik lässt sich selbst von erfahrenen Schauspielern nicht durch einfaches Herumstehen am Treppenaufgang darstellen, geschweige denn von einem Sachbearbeiter, der im wirklichen Leben mit dem Ausfüllen von Formularen anstelle der Darstellung von Gefühlsregungen beschäftigt ist. Noch einige weitere solcher unbedachter Vorgaben im Treatment, und das Chaos am Drehort ist perfekt. Merke: nur die akribische Beschreibung dessen, was die Bilder an ihrer Oberfläche zeigen und was im Ton tatsächlich zu hören ist, deckt mögliche Probleme bei der Umsetzung rechtzeitig auf und ermöglicht Lösungen im Vorfeld.
So überrascht auch nicht, dass viele Magazinbeiträge bis in den Wortlaut durch konzipiert werden. Dies bedeutet keineswegs, dass die Gesprächspartner die vorformulierten Interview-Aussagen der Treatment-Vorgabe aufsagen sollen, als wären sie Schauspieler. Doch die Vorformulierung erlaubt dem Autoren die bessere Einschätzung der zu kalkulierenden Länge und erinnert ihn auch im Drehstress vor Ort an die Kernpunkte. Für den Fall, dass sich der Gesprächspartner verzettelt, kann man konkret die bei der Recherche im telefonischen Vorgespräch ermittelten Aussagen nachhaken, auf welche die Dramaturgie des Beitrags aufbaut. Je detaillierter ein Treatment, desto mehr stellt es eine Arbeitshypothese dar, die das Team beim Dreh mit einer funktionierenden Variante versorgt, ohne dass man sklavisch an ihr kleben sollte. So oder so, fast immer wird vor dem Schnitt eine weitere Treatment-Fassung fällig, welche die Änderungen bei Dreharbeiten berücksichtigt.
Vorbild Spielfilm-Dramaturgie. Die Magazin-Dramaturgie beinhaltet bemerkenswert viele Spielfilm-Elemente. Das kündigt sich schon im Vokabular an. Die Interviewpartner heißen nicht nur O-Ton-Geber, sondern wie im Spielfilm auch „Protagonisten“, also Hauptdarsteller. Die anderen heißen Antagonisten, Gegenspieler. Dann gibt’s noch die Experten und die personelle Grundausstattung ist fast komplett. Experten sind mit möglichst eindrucksvollen Titeln ausgestattete Fachleute, die aus übergeordneter Position mit neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen zum generellen Sachverhalt Stellung nehmen, während der Protagonist lediglich einen Einzelaspekt durchlebt. Der Experte verleiht dem Film quasi den Ritterschlag der Glaubwürdigkeit. Der Protagonist hat dagegen die Aufgabe, den Zuschauer emotional an die Hand zu nehmen und durch den Film zu führen. Er soll wie der Held im Spielfilm zur Identifikation einladen.
Als hilfreich erweist sich hier immer, wenn der Held einen Berg an Problemen zu bewältigen hat und ein gut zu verstehendes Ziel verfolgt, – ebenfalls ganz wie im Spielfilm. Gern sind die Protagonisten daher Opfer von Missständen oder Ungerechtigkeiten. Je mehr Widrigkeiten man ihnen filmisch in den Weg stellt, desto besser für die emotionale Aufladung des Films.
Fehlt nur noch der Erzähler. Dieser tritt meist nur als Stimme auf, welche aus dem Off die Handelnden vorstellt, sie zueinander in Relation setzt, komplexe Zusammenhänge leicht verständlich zusammenfasst und Aspekte des Themas beleuchtet, die im Bild nicht gezeigt werden (können). Die Kunstfigur des Erzählers ist der Joker des Autors und die heimliche Hauptdarstellerin jedes Magazinbeitrags. Man tut gut daran, ihre Potenz nicht durch eine holprige Laienstimme zu schwächen. Dies würde nicht das erste Mal gut gedrehte, spannende Filme ins Aus schicken. Andererseits wurde schon so mancher beim Dreh missglückte Film zu guter Letzt durch eine charismatische Kommentarstimme gerettet.
Kommentar- und O-Ton im Wechsel. Sehen wir uns den formalen Aufbau eines Magazin-Treatments an, so fällt sofort ins Auge, wie in fast automatischem Wechsel Kommentar- und O-Ton-Strecken aufeinander folgen. Bei der Erstellung ist es nützlich, wie in unserem Beispiel-Treatment alle Interview-Teile farbig zu unterlegen. Gelb ist besonders praktisch, da auch Ausdrucke von Schwarzweiß-Druckern gut lesbar sind. Die Farbverteilung lässt sofort erkennen, ob sich irgendwo zu lange Kommentarpassagen oder ungewollte O-Ton-Ballungen eingeschlichen haben. Abwechslung ist das erklärte Ziel.
Ein Beitrag beginnt in der Regel mit einer Off-Textstrecke des Erzählers, in der Thema und Protagonisten eingeführt werden. Ab da läuft fast alles wie von selbst: der Held kommt zu Wort, beschreibt das Thema mit seinen Worten, der Kommentar legt noch mal nach, eventuell tritt der Protagonist wie in unserem Beispiel direkt im Anschluss noch mal auf, um Präsenz zu zeigen. Immerhin ist er der Held. Übrigens sollte man sich immer auf einen einzigen Protagonisten einigen, so schwer es auch manchmal fallen mag. Macht man einen Film über eine Gruppe von Leuten, dann sucht man sich den charismatischsten als Stellvertreter heraus, und heftet sich an dessen Fersen. Weglassen ist eine der größten Herausforderungen für den Filmemacher. Und es ist Voraussetzung für die anschaulichen Aufbereitung komplexer Inhalte.
Nach dem Auftritt des Protagonisten leitet der Erzähler zum Widersacher über, in unserem Beispiel die Arbeitskollegin unseres Opfers. Und wenn damit das Thema in seinen wesentlichen Facetten ausgebreitet ist, tritt der Experte, hier unsere Therapeutin Gruber-Ritzelfeld, auf den Plan und fasst für den Zuschauer die wesentlichen Aspekte zusammen und untermauert sie mit Fakten. An den Experten-O-Ton schließt sich häufig noch ein weiterer, jedoch nicht unbedingt notweniger Interview-Geber an, um das Thema noch in eine andere Richtung zu öffnen. In unserem Fall ist es der Architekt des Hochhauses, der gefragt wird, ob er sich jemals Gedanken über Höhenangstkranke gemacht hat. Abschließend tritt generell der Protagonist noch einmal in Erscheinung, um den Beitrag abzurunden. Der Zuschauer würde es, ganz wie beim Spielfilm, nicht goutieren, wenn der Hauptdarsteller unterwegs in der Geschichte verloren ginge. Üblicherweise wird der Held dann bei der erfolgversprechenden Problemlösung begleitet oder in Hinblick auf seine positiven Perspektiven interviewt. Auch hier sollte es wie beim Spielfilm eine Entwicklung geben. Im Kreis trottende aussichtslose Geschichten mag der Zuschauer genauso wenig wie im Kino. Je nach Thema darf der Kommentar dann aber noch, das ist das höchste der Gefühle, einen kleinen Wermutstropfen hinterher tröpfeln, wie in unserem Beispiel.
Individuelle Handschrift. Diese strenge Dramaturgie lässt nicht allzu viel Spielraum für eine individuelle Handschrift, möchte man meinen, und dennoch gibt es allerhand Möglichkeiten, innerhalb dieses straffen Systems über den Durchschnitt herauszuragen. Die erste Möglichkeit ist, das Thema aus einer ungewohnten Warte zu beleuchten. Höhenangst am Arbeitsplatz ist beispielsweise sicherlich noch nicht so verbraucht wie die Variante am Steilhang, – und außerdem deutlich ökonomischer und ungefährlicher zu realisieren. Ungewöhnliche Blickwinkel sind schon immer gute Türöffner zu Redaktionen und zu potenziellen Auftraggebern gewesen. Die zweite große Möglichkeit, positiv aufzufallen, liegt in der sorgfältigen Auswahl der Protagonisten und des übrigen Personals im Film. Für größere Dokumentarfilme wird nicht ohne Grund ein ebenso aufwändiges Casting betrieben wie für Spielfilme. Gefragt sind Menschen, die den Zuschauer berühren, Experten, die sich verständlich ausdrücken können, und eine bewusst gesetzte Vielfalt der äußeren Erscheinungsbilder.
Die Macht der Bilder. Viele Autoren unterschätzen die Macht der Bilder, sonst wären sie vielleicht Kameraleute geworden. Was sie ebenfalls unterschätzen, ist die begrenzte Aufnahmefähigkeit des Zuschauers für die gleichzeitige Rezeption von Bildern und Sprache. Einerseits wird im Zeitalter des Videoclip-Fernsehens immer mehr Sinnesreizung erwartet, andererseits bleibt schnell das Verständnis selbst einfacher inhaltlicher Zusammenhänge auf der Strecke, wenn wahllose Bildersalven den „Blick“ auf den gesprochenen Text verstellen. Auch hier kann man mit sauber geplanten Text-Bild-Kombinationen enorm punkten.
Fazit. Auch wenn böse Zungen lästern, Magazinformate sähen aus, als werde dauernd das selbe Formular ausgefüllt, ist gerade für den Anfänger diese strenge Formatierung sehr lehrreich. Und auch weil hier Elemente des Dokumentarfilms mit denen des Spielfilms zusammentreffen, ist die Beschäftigung mit dieser Miniatur des großen Films so aufschlussreich. Sie beinhaltet die Beobachtung der Wirklichkeit gleichermaßen wie die Inszenierung einer Geschichte. Protagonist, Gegenspieler, Experte und Kommentarstimme, – mit diesem millionenfach bewährten Quartett fährt auch der Anfänger auf sicherem Gleis. Und wenn man den Karren trotzdem mal in den Morast gesteuert hat, hilft immer noch, was dann auch die Großen machen: man bucht für den Kommentar eine bekannte Kinosynchronstimme. Tom Hanks und Robert DeNiro sorgen dann trotz Schlagseite für Kinoflair.
© Andreas Wunderlich / erschienen in Film & TV-Kameramann / PC Video